Es ist ein Merkspruch von Journalisten-Schülern: Ganz zu Beginn jeder Story müssen die „fünf W“ beantwortet werden. Es sind Antworten auf die Fragen „Wer?“, „Was?“, „Wann?“, „Wo?“ und „Warum?“. Und so stehen im Januar 2024 viele Besucher der boot Düsseldorf vor dem Stand der neuen Bootsmarke W-Yachts – und stellen sich mindestens fünf Fragen.
Die erste ist rasch beantwortet: W ist die Abkürzung von Wiszniewski. Das ist der Werft-Unternehmer („Wer?“) aus Polen („Wo?“), der zum Jahreswechsel („Wann?“) diese neue Marke („Was?“) aus dem Nichts erschaffen hat. Für das letzte „W“, das „Warum?“, müssen wir etwas weiter ausholen. Denn Wiszniewski hatte bisher niemand auf dem Zettel. Bis auf eine Handvoll Insider.
W klingt wie das Kürzel eines Künstlers, der eigentlich anonym bleiben will. Und das war Jozef Wiszniewski die meiste Zeit seines Lebens, zumindest im Vergleich zu seinen Geschäftspartnern. Wie ein Ghostwriter, der jahraus, jahrein für andere im Rampenlicht flammende Reden, brillante Analysen und pointierte Kommentare schreibt – oder eben Boote baut. Und das immer unter fremdem Namen, wenn auch mit bester eigener Reputation.
Auf die Dauer kann das nagen. Und so scheint es auch an Jozef Wiszniewski genagt zu haben, nachdem er Jahrzehnte Boote für andere ablieferte, die anschließend unter dem Label weltbekannter Werften ins Wasser kamen. In der Autoindustrie wird dieses Geschäftsverhältnis als „Badge Engineering“ bezeichnet. Dort ist es seit 50 Jahren ein bewährtes Verfahren, sogar innerhalb von Unternehmen. Eine Firma stellt etwas im Auftrag einer anderen her, die nur noch ihr Logo („badge“) draufkleben muss.
In der boomenden Bootsbranche ist eine Variante davon gang und gäbe: Anderenorts in Europa entwickeln und gestalten, in Polen produzieren. Viele klangvolle Namen sind, wenn es um die Produktion geht, Wiszniewskis Werk. Da bekommt die Frage nach dem „Wer?“ plötzlich eine ganz andere Tiefe. Nach 35 Jahren war der Unternehmer es jedenfalls leid, ausschließlich im Schatten zu stehen. Das ist die Kurzform der W-Geschichte.
Es geht bei W auch um den Stolz
Eine etwas längere, aber ebenso spannende Version gibt es auch. „Es geht hier um den Stolz“, sagt Ian Woodhall, der britische Verkaufsleiter von W-Yachts. Damit meint er den Stolz des Unternehmers W. auf die eigene Leistung, gut sichtbar in Halle 1 auf der größten Bootsmesse der Welt. Ein bisschen Nationalstolz ist vielleicht auch dabei. Vorbei ist die Zeit, da Wieszniewski als Auftragnehmer unter dem Namen Slepsk ausschließlich hinter den Kulissen tätig war. Dieses Coming-out ist dem Unternehmer so wichtig, dass er während der Präsentation in Düsseldorf zu verstehen gibt: Geld habe keine Rolle gespielt beim Projekt „W“. Die Werftprofis zeigen, was geht im Hause W.
Das erklärt auch das „Wie?“, den gewaltigen Aufwand beim Bau des Boots. Für die optimale Laminierung des Rumpfs hat man sich sieben Wochen beim Prototypen Zeit gelassen. Unter anderem, weil zur Gewichtseinsparung Vakuuminfusion angewandt wird. „Es ist sehr viel Handarbeit“, sagt Woodhall, „aber wir wollen den Zeitaufwand um 20 Prozent reduzieren.“ Auch das Design ist erstklassig: Das renommierte Büro JJ Design aus Slowenien hat die erste Yacht von Herrn W. gezeichnet.
Die neue Marke will eben ausdrücklich nicht das sein, was Wiszniewski seit 35 Jahren mit großem Erfolg macht: Massenproduktion für große und kleinere Marken. Die kommenden Modelle von W-Yachts sollen zeitlos, also klassisch sein und extrem haltbar noch dazu. Aber ein Marketingprojekt ist der neue Stern am Himmel der Bootsmarken auch nicht: „Wir glauben an die Marke, und dass sie die Investitionskosten auch schnell wieder einspielt.“
Die erste W ist kein beliebiges Boot
Klar ist: Die erste W ist wahrlich kein Boot für alle. Das zeigt bereits die Konfiguration als Weekender mit großzügigem Platzangebot für Tagesgäste. Woodhall nennt das Konzept „Understatement-Tagesboot“. Bis zu zehn Personen dürfen an Bord und haben an dem großen Tisch auf Deck auch wirklich Platz. Während die Badegäste am Abend zurück an Land müssen, können die Eigner sich unter Deck auf dem großzügigen Bug-Bett ausstrecken. Tagsüber lässt es sich zum Sofa umbauen.
Räumlich davon getrennt ist ein Sanitärbereich mit Dusche. Unter Deck trifft man in großen Teilen auf Stehhöhe. Doch das Leben findet vorwiegend auf Deck statt. Will sagen: hinter dem Cockpit an und rund um den großen Tisch. Zwischen der Fahrzentrale, die aus drei Sitzplätzen auf einer stabilen Bank besteht, ist die Pantry mit Kühlschrank, Spüle, Elektrogrill sowie Staufächern. Ein besonderes Zuckerl: Der Tisch beinhaltet einen Eisenkern, an dem die ihrerseits magnetischen Teller, Gläser und natürlich auch das Besteck haften.